WAS IST EIN TRAUMA?
Ganz kurz und allgemein gesagt: Ein Trauma ist eine eine seelische Verletzung, eine Ver-Wundung (das griechische Wort Trauma bedeutet Wunde) durch ein als extrem belastend und überwältigend erlebtes, oft sogar lebensbedrohlich (empfundendes) Ereignis, das die Anpassungs- und Bewältigungsmechanismen der Psyche überfordert.
Was als traumatische Erfahrung erlebt wird ist sehr subjektiv und daher unterschiedlich von Mensch zu Mensch und auch in den unterschiedlichen Lebensphasen. Einem erwachsenen, körperlich und psychisch ansonsten gesunden und stabilen Menschen stehen andere Verarbeitungsmöglichkeiten zur Verfügung als z.B. einem kleinen Kind.
Das heißt es gibt zwei entscheidende Faktoren: Das belastende Ereignis selbst und das Individuum das diese erlebt, mit all seinen Vorerfahrungen und Reaktionsweisen sowie Verarbeitungskompetenzen. Daher führt nicht jedes traumatische Ereignis zwangsläufig zu einem Trauma; umgekehrt können auch vergleichsweise „harmlose“ Erfahrungen zu einem Trauma führen, vor allem wenn sie auf frühere Verletzungen treffen und/oder noch keine ausreichenden Bewältigungsstrategien zur Verfügung stehen.
Es gibt auch keine Pauschalregel darüber, welche Art von Ereignis zu welchen Traumafolgen führt, noch kann aus der Schwere des Erlebnisses die Art und Schwere der Reaktion abgeleitet werden. Was für den einen existenziell bedrohlich ist, nimmt der nächste gar nicht als solches war.
Wodurch entsteht ein Trauma?
Es gibt Situationen und Erfahrungen, die für (fast) alle Menschen als traumatisch erlebt werden, wenn eine (potenziell) lebensbedrohliche Erfahrung gemacht wird, zum Beispiel:
Kriegserfahrungen mit unmittelbarer Bedrohung von Leib und Leben, z.B. Erschießungen, Vergewaltigungen, Kampfhandlungen (als Opfer, aber auch als Täter und Zeuge!)
Flucht und Vertreibung
Naturkatastrophen und schwere Unfälle (z.B. Flugzeugabsturz, Autounfall)
Terrorismus, direkte Attacken, Gewalterfahrungen, Geiselhaft, Gefangenschaft, Verfolgung
Vergewaltigung, sexuelle Übergriffe, sexueller Missbrauch
Traumatische Erfahrungen können aber auch subtiler sein, vor allem in der Kindheit oder wenn sie in Lebenssituationen auftreten, in denen eine erhöhte Verletzlichkeit und Verunsicherung besteht, oder wenn sie auf frühere Verletzungen (z.B. aus der Kindheit treffen), zum Beispiel:
- Verlust eines Angehörigen oder nahen Bezugsperson durch Tod oder Trennung in der Kindheit, später in der Partnerschaft
Vernachlässigungen, Nicht-Erfüllung existenzieller Bedürfnisse in der Kindheit, körperliche und seelische Deprivation
unsichere Beziehungen, kein Halt, Schutz und Geborgenheit
Gewalterfahrungen in der Kindheit (körperlich und seelisch)
Demütigungen, Entwürdigungen, Herabsetzen
Übergriffe und Grenzverletzungen
ständiger oder fortgesetzter Zwang, Druck und Überforderung
emotionaler Missbrauch (z.B. als Partnerersatz)
Trennungen durch schwere Krankheiten (z.B. Krankenhausaufenthalt)
Natürlich müssen solche Erfahrungen nicht zwangsläufig zu einer Traumatisierung führen, jedoch sind sie grundsätzlich eine Verletzung der Seele, vor allem bei Kindern. Grundsätzlich wirken sich traumatische Erfahrungen um so gravierender aus, je früher sie erlebt werden, da (vor allem sehr kleinen) Kindern noch kaum Bewältigungsstrategien zur Verfügung stehen und Abwehr, Kompensation und kognitive Verarbeitungsmöglichkeiten noch fehlen oder kaum ausgebildet sind.
Weitere Faktoren neben der Art des traumatischen Ereignisses und dem Alter bzw. der Lebensphase, die über die Art der Ausbildung bzw. Schwere eines Traumas entscheiden, sind:
Ob es sich um ein einmaliges (Schocktrauma) oder fortgesetzte traumatische Erfahrungen (Entwicklungstrauma) handelt
Ob es andere Erfahrungen neben dem Trauma gab, z.B. Schutz und Unterstützung durch andere Personen
Kompensierende oder ausgleichende Faktoren, z.B. Religion, Hobbys etc.
Erworbene Kompetenzen und individuelle Bewältigungsstrategien
Persönlichkeitsfaktoren und grundsätzliche Konstitution